Sturm und Wurm im Gripstheater – Rezension

Thomas Ahrens spielte schon in den 70er Jahren im Grips-Theater. Mit blondem Schopf, Stupsnase und kindlichem Lachen gab er den Typ Jungen, der nie zu altern scheint. Heute wohnt der 62jährige im Oderbruch und zieht mit einem Ein-Mann-Stück über die Dörfer wie in früheren Zeiten die Kasperletheater.

Sein Stück erinnert an »Pettersson und Findus«, nur dass der Gefährte des Alten kein Kater ist, sondern ein Wurm, der mit dem Finger gespielt wird und mit nichts als einem kleinen grünen Wollring bekleidet ist. Das Stück ist ab fünf, also für Kinder mit reichlich Phantasie. Ahrens muss Personen nur durch Hüte andeuten, und schon werden sie für so ein Publikum lebendig.

Ein Genuss – auch für Erwachsene

Handlungsort ist eine Eisenbahn auf dem Weg von Berlin an die Ostsee. Ahrens’ Requisiten passen auf eine Handkarre: drei alte Koffer, eine Gitarre und einen Schlips für die Hauptfigur Harry Sturm; eine Damenhandtasche für eine ältere Mitreisende; ein Kapitänshut für ihren schwerhörigen Ehemann; ein Frauenhut für die Sekretärin eines Managers, der mit Handyattrappe und Zeitung hantiert; dazu noch Eskimo- und Schirmmütze. Das Stück beginnt bei Harry Sturm zu Hause. Der Straßensänger und ehemalige Weltenbummler wirkt trübsinnig, der Wurm, sein Ziehkind, gelangweilt. Die beiden weltfremden Wesen entschließen sich zu einer Reise, auf der sie mit seltsamen Gepflogenheiten konfrontiert werden. Wie Ahrens die Figuren überzeichnet, wie er Lautsprecherdurchsagen am Bahnhof nachmacht, Geräusche von Fahrkartenautomaten oder Fahrstühlen, ruft bei den Kindern Lachsalven hervor. Im Geist ist die Bühne mit lauter Dingen bevölkert, die er der Phantasie entlockt – ein Genuss auch für Erwachsene.

Dass nicht einmal die Meckertante sich zu meckern traut

Hin und wieder geht Ahrens kurz ab oder spricht die Zuschauer direkt an, fragt, ob sie ein Lied hören wollen und singt dann eines über eine Dampflokomotive, »die pfeift und schnaubt, dass nicht einmal die Meckertante sich zu meckern traut«. Ein Eskimo zeigt schließlich mehr Einfühlung als alle anderen Passagiere in dem Abteil, was gut zum Lied vom Segelohren-Ottokar passt, das früher oft im Grips-Theater zu hören war: »Na und, na und, die Welt ist eben bunt. Jeder Mensch sieht anders aus. Es kommt drauf an, was in ihm steckt.« Regie hat Grips-Schauspieler Jens Modalski geführt, der genauso von der guten Zusammenarbeit mit dem Schauspieler schwärmt wie andersherum.

Belustigt statt belästigt

Als Harry Sturm einmal das Abteil verlässt, fühlt sich der kleine Wurm alleine, er spricht die anderen Abteilgäste an und lässt mit Fragen nicht locker. Sturm kehrt zurück und erkundigt sich bei den Mitreisenden, ob sein Kleiner sie belästigt habe. »Belästigt?« fragt der durch die Eskimomütze repräsentierte »Fremde«, »belästigt nicht, nur belustigt«.

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