Zwei Theaterstücke über das Elend in den Verschickungsheimen

Historisches Foto von „Letztes Kleinod“ Ankündigung für das Stück SANDBANK

Es gibt zwei Theaterstücke zum Thema Verschickungen, die ich sehr empfehlen möchte:

Erstens, im Thalia-Theater in Hamburg wird momentan das Stück HEIM WEH gegeben, dort habe ich ein wenig als Autorin mitgewirkt, es sind viele Zitate aus meinem Heimweh-Buch und von unserer Webseite www.verschickungsheime.de in das Stück eingeflossen, darüber freue ich mich sehr, die Umsetzung ist künstlerisch auf eine sehr besondere Weise erfolgt, die Kinder werden von alten Menschen mit Verschickungserfahrungen gespielt, die nur pantomimisch darstellen, was ihnen passiert ist. Dazu tragen sie Kinderköpfe, mit erschrockenen Augen, deren jeweils unterschiedlicher Gesichtsausdruck sozusagen in Angst erstarrt ist. Eine großartige Idee, fantastisch umgesetzt. Unvergessen die Szene, in der sich ein kleiner Vierjähriger immer wieder ängstlich versucht die Hosenträger richtig hochzuziehen, was er nicht schafft. Hier kommt die Hilflosigkeit der Kinder, die allein über sechs Wochen dorthin geschickt wurden, die sich manchmal eben noch nicht mal allein anziehen konnten, und wo man weder reden, noch lachen, noch weinen und oder auf Toilette gehen durfte, man stattdessen immer nur in Angst war, richtig gut raus. Man muss weinen, wenn man diesen Jungen sieht. Viele eindrucksvolle Szenen, selbst beim zweiten Anschauen! Lohnt sich sehr! Und wird nach der Sommerpause in Hamburg weiter im Spielplan bleiben.

Das zweite Stück wird jetzt momentan jeden Tag in der Strandhalle auf Spiekeroog im Sommertheaterprogram gegeben: Hier hat der Regisseur die Erinnerungen von nur wenigen Zeitzeugen aus Spiekeroog zu einem Stück verarbeitet, SANDBANK, vom Theater „Das letzte Kleinod“, die Sandbank steht in Spiekeroog für alles Verbotene, denn da darf man nicht baden, da Lebensgefahr droht. Hier werden in einer Sporthalle, nur mit den älteren Sport-Requisiten, und einigen wenigen anderen, die man auf der Insel aus alten Kinderheimen fand, alle Stationen einer Verschickung erzählt und nachgespielt. Auch Erzieherinnen kommen zu Wort, auch die Enttäuschung der Kinder über die sie weggebenden Eltern wird thematisiert, großartige Leistung der vier Schauspielenden, zwei Jungen und zwei Mädchen werden dargestellt, die gleichzeitig für viele stehen, super gespielt, sehr variantenreich, großer und lang anhaltender Beifall in beiden Stücken, ein toller Erfolg für unsere Verschickungsbewegung.

Was wollen wir, wurde ich gestern in Spiekeroog von einem ehemaligen Heimleiter gefragt. Was soll das? Was wollen wir erreichen, so fragte er mich und er klang wütend dabei. Aufklärung, habe ich geantwortet, lückenlose Aufdeckung der Hintergründe davon, dass 8 bis 12 Millionen Kinder in diese Erholungsheime und Heilstätten verschickt wurden, die ihnen oft so gar nicht zur Erholung und Heilung dienlich waren, wie sich jetzt zeigt. Und natürlich: Anerkennung des Leids so vieler Betroffener, und Unterstützung unserer selbst bestimmten Aufarbeitung. Alle weiteren Infos auf: www.verschickungsheime.de. Manche ehemalige Beschäftigte fühlen sich von uns angegriffen, sie haben ihren Alltag damals anders erlebt. Freundlicher. Andere haben es genauso erlebt wie wir, kinderfeindlich und grausam. Alle Erfahrungen sind wichtig. Deshalb brauchen wir eine gründliche Aufarbeitung mit vielen Zeitzeugenaussagen und -begegnungen. Setzt euch alle mit für eine gründliche Aufarbeitung ein, unterstützt unser Anliegen! Danke für jede Unterstützung. Nächster KONGRESS „Das Elend der Verschickungskindern“ in Bad Sassendorf vom 15. bis 18.9.22, anmelden hier: kongress@verschickungsheime.de, Programm hier

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert