Und dann der Regen – Rezension
Die spanische Regisseurin Iciar Bollain ist eine, deren Name man sich merken muss, ihre Filme sind von erstklassiger Qualität, ungeheurer Sensibilität und sozialpolitischer Parteinahme für die Schwachen ganz und gar durchdrungen.
Der Film „Öffne meine Augen“ von 2004 geht zB den Fragen nach, warum eine Frau mit einem Mann zusammen bleibt, der sie schlägt, warum sie ihn nicht verlässt und auch noch darauf besteht, dass sie ihn liebt, und wie diese Dinge psychosozial funktionieren. Seitdem ist er auf vielen internationalen Frauentagen, in den Frauen-Anti-Gewaltwochen im November und auf vielen Symposien gegen häusliche Gewalt immer wieder präsent. Kein anderer Film vor ihm hat das Thema „Häusliche Gewalt“ so stark aus Sicht beider Protagonisten gezeigt und damit einen Weg des Verständnisses gewiesen, der Betroffenen und Helfern nun die Prävention erleichtert. Auch hier fiel schon Luis Tosar in seiner perfekt und echt gespielten Rolle in der Figur des schlagenden Mannes auf, dessen Inneres ganz und gar aus Angst besteht.
Zugänge zu den eigenen Brunnen verschlossen
In dem neuen Film “Und dann der Regen” , der im Bolivien des Jahres 2000 spielt, gibt Luis Tosar den Regisseur eines Anti-Kolumbus-Films, der in Cochabamba gedreht wird und der dann dort in die Widersprüche der nachkolonialistischen Zeit verwickelt wird. Der Kampf um das eigene Wasser wird zum Zerrspiegel, in dem sich die Probleme der spanischen Ausbeutung, wie sie im Film retrospektiv gezeigt werden, noch immer mit gleicher Grausamkeit wiederfinden. Den Machern des Films wird erst nach einer Weile die Kontinuität dieser Ausbeutung von Kolumbus bis heute klar und zu spät beginnen sie sich zögerlich zu beteiligen, wenn auch nur mit schwachen Hilfsaktionen. Ihr Kunstverständnis wird dabei reflektiert, ihre bürgerliche Existenz auf die Probe gestellt, wenn sie sich der Situation gegenübersehen, dass ihren einheimischen Mitschauspielern, die Zugänge zu ihren eigenen Brunnen verschlossen werden.
Ein Widerspruch bricht auf, in dem wir alle leben
Iciar Bollain schafft es enorm gut, dieser zwiespältigen Entwicklung Ausdruck zu verleihen, ein Widerspruch bricht auf, in dem wir alle heute leben, wir engagieren uns gegen Unterdrückung, aber wir leben auf der bequemen Seite der Weltkugel, in den Ländern, wo davon profitiert wird. Was also tun, wenn einem die Weltausbeutung derart auf die Pelle rückt? Ein berührender Film ganz ohne Kitsch, ein unspektakuläres Denkmal für den indianischen Widerstand in Bolivien, der sich hier zunächst nur durch Bittgänge und Straßenblockaden zeigt, dessen Radikalisierung durch das drastische Vorgehen der Staatsmacht vorhersehbares Kalkül wird, mit dem Ziel, die Mutigen von den Besonnenen zu trennen. Nichts ist aber so wie es scheint und man muss sich von allem ein eigenes Bild machen, beides zeigt der Film beispielhaft. Wasser ist Leben, wer den Zugang zum Wasser verbieten will, ist ein Mörder. Siehe auch: http://berliner-wassertisch.net/