Am liebsten zu dritt – Theaterrezension
Das RambaZamba ist ein Theater, das Benachteiligte zu Subjekten ihres künstlerischen Handelns macht. Es hat viel erreicht: Menschen mit Down Syndrom wurden hauptberufliche und ernstzunehmende Schauspieler und Tänzer.
Das Publikum hat nicht nur begriffen, daß diese Menschen ein Gewinn für die Welt sind; es ist ihm auch der Begriff »geistig behindert« fragwürdig geworden, weil die Spieler in der Lage sind, zahlreiche Repertoirestücke zu verinnerlichen, Musikinstrumente zu beherrschen und tiefe Ausdruckskraft auf die Bühne zu bringen. Das neue Stück »Am liebsten zu dritt« (Regie: Gisela Höhne) thematisiert nun die Problematik des Kinderwunschs von “Menschen, die die Drei haben”, denn gängige Praxis ist: Männer mit drei Chromosomen hält man für unfruchtbar, während man den Frauen meist ab dem zwölften Lebensjahr die Pille gibt, damit ja nichts passiere. Nun soll aber “Schluss mit der Diskriminierung” sein. Dazu wurde das Ensemble streng geteilt in diejenigen mit und diejenigen ohne Trisomie, und daraus ein Krimi inszeniert. Die erste Gruppe spielt am Anfang mit Tiermasken, später mit drei Augen im Gesicht, hält damit dem Publikum einen Spiegel ihrer eigenen Vorurteile vor.
Kinderwunsch praktisch umsetzen
Die Gruppe von Menschen mit Tiermasken überfällt ein auf der Bühne aufgebautes Hotel, man sieht den Überfall vom Inneren des Hotels aus, das Kommando stürmt durch Fenster und Türen der Eingangshalle, und nimmt die Gäste als Geiseln. Dann Abreißen der Masken und wütend-kämpferischer Gesang: »Wir sind die mit der Drei, drei Ohren, Augen, Chromosomen – die, die nicht geboren werden sollen. Wir wollen nicht aussterben!« Dazu ein wilder Tanz derer mit den drei Augen.
Im Hotel residieren Direktoren, Manager, Politiker
Das Überfallkommando jagt die Managerfrauen in Schlafhemdchen hinaus, fesselt die verdatterten Männer. Bald wird klar, um was es geht: Die Drei-Augen-Frauen wollen sich die fruchtbaren Männer als Samengeber ausborgen und mit ihrer Hilfe eigene Kinder zeugen, um den Abtreibungen entgegenzuarbeiten. Klingt makaber, wird aber sehr einfach und selbstbewußt mitgeteilt. Dazu ein Tanz, Musik, Kreuzberger Klänge: »Das ist unser Haus!« und die Melodie von »Wehrt euch, leistet Widerstand!« Der große, tiefe Wunsch nach einem Kind wird nachfühlbar, eine ergreifende Szene.
Ein nicht einfach zu lösendes Problem
Dass die Frauen, die alle ihre Liebsten dabeihaben, nun aber mit diesen fremden Männern schlafen sollen, wird zum nicht einfach zu bewältigenden Problem. Zeugung läßt sich schwer von Sex und Sex schwer von Liebe und Zuneigung trennen. Annäherungsszenen, die von den Frauen ausgehen, sorgen für einen Spannungsbogen. Die an Stühle gefesselten Hotelmänner finden das Ganze allmählich gar nicht mehr so schlimm, damit sind Verwicklungen vorbestimmt. Wunderbare Szenen, in denen die Frauen ihre Reize und Verführungskünste ausspielen.
Am Ende ist das Werk irgendwie vollbracht.
Eine der Tri-Frauen, wie sie sich selber nennen, (wunderbar gegeben von Julia Goetze) hat sich aber doch ein wenig verliebt. Sie und der Mann kehren etwas traurig zu ihren angestammten Partnern zurück. Am Ende sieht man alle Drei-Augen-Schauspieler mit aus Gips gebastelten Babywickelkindern im Arm glücklich und stolz posieren. Einige der Kinder haben einen aufgemalten Kopf, einige zwei, einige haben drei Augen, einige vier, was macht’s, die Menschen sind halt verschieden. Daran können nur Zwangsneuotiker etwas auszusetzen haben, die in diesem Theater aber sicher auch ihren Platz finden würden. Abschließend etwas zur Inklusion: »Wir sind wie ihr?/ Nein!/ Wir sind nicht wie ihr! / Wir sind anders und das wollen wir auch! (…) Wir wollen alles überfluten mit süßen Babys, die die DREI haben!«
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