Reinhard Lauterbach zur Situation in der Ukraine
UKRAINE IM KRIEG
GESPRÄCH MIT REINHARD LAUTERBACH
Am Nachmittag des 16. August versammelten sich im Begegnungszentrum der Linkspartei Stralsund mehr als 40 Interessierte aller Altersgruppen, um Reinhard Lauterbach zu hören. Einige waren extra aus Rostock, Schwerin und Berlin-Spandau gekommen. Lauterbach, ausgewiesener Kenner der osteuropäischen Völker und ihrer Sprachen, arbeitet seit über 25 Jahren als Journalist und Korrespondent für Osteuropa. Er lebt in Poznan. Viele verfolgen täglich seine Reportagen, Kommentare und Berichte aus der Ukraine und zum momentanen Kriegsgeschehen.
Große, aktuelle Kriegsgefahr
Dr. Marianne Linke, die Kreisvorsitzende der Linkspartei Stralsund, eröffnete die Versammlung mit der Erinnerung an den Beginn des ersten und des zweiten Weltkriegs. Bereits die diesjährigen Sommerfilmtage der Stralsunder Linkspartei waren diesen Ereignissen gewidmet. Sie stellte die große aktuelle Kriegsgefahr heraus und verwies auf die einseitige, Konflikt anheizende Berichterstattung vieler Massenmedien. Um hier ein Gegengewicht zu setzen, sei Reinhard Lauterbach, ein kenntnisreicher und unabhängiger Journalist, eingeladen worden.
Er zitierte Menschen vor Ort
Reinhard Lauterbach charakterisierte zunächst die aktuelle, dynamisch-angespannte Lage und stellte ausführlich seine Quellen vor: Internetseiten der verschiedensten englischen, US-amerikanischen, russischen, ukrainischen, polnischen und griechischen Reporter und Konfliktparteien sowie eigene Reisen in der Region. Er zitierte Menschen vor Ort, aus Interviews, aus Berichten und Filmen. Er beschrieb, wie er täglich die Informationen der Aufständischen mit denen Kiews und Russlands abgleicht, seine Wissensfülle ist gigantisch.
Bemerkenswerte Asymmetrien
Sein Fazit: Es sei ein Krieg im Gange, der durch bemerkenswerte Asymmetrien gekennzeichnet sei. Auf Seiten der ukrainischen Armee und hier vor allem bei den zwangsmobilisierten Wehrpflichtigen kombiniere sich eine erdrückende waffentechnische Überlegenheit mit verbreiteten Zweifeln am Sinn und an der Berechtigung dieses Krieges, während bei den Aufständischen, die auch durch russische Freiwillige unterstützt werden, eine unterlegene Bewaffnung mit Widerstandswillen und hoher Motivation ausgeglichen werde.
Eigene Kinder in den Krieg?
Im Hinterland der Ukraine entwickele sich zudem eine Art Gerechtigkeitsdebatte: Warum schicken die Politiker nicht ihre eigenen Kinder in den Krieg? Charakteristisch sei, dass inzwischen die große Mehrheit der Einberufungsbescheide einfach ignoriert werde.
30 russische Provokateure verschwunden
Zum Massenmord im Gewerkschaftshaus in Odessa schilderte Lauterbach die eklatanten Widersprüche, in die sich die ukrainischen Machthaber verwickelten. Zunächst hieß es, das Ganze sei durch 30 russische Provokateure inszeniert worden, die dann auch alle ihren verdienten Tod gefunden hätten. Nachdem die Leichen jedoch als Ortsansässige identifiziert wurden, lautete die nächste Version: Genau diesen 30 russischen Provokateuren sei die Flucht aus dem brennenden Haus gelungen. In der Bevölkerung wird das sarkastisch als „Das Wunder der Auferstehung der Verdächtigen“ kommentiert.
Das Wesen des Ukrainischen Nationalbewusstseins
Abschließend gab Reinhard Lauterbach einen verdichteten Überblick über die Entstehung des ukrainischen Nationalbewusstseins im Gefolge der russisch-ukrainisch-deutschen Geschichte seit der ersten polnischen Teilung, erklärte die zwiespältige Rolle Polens, erhellte die blutige Kollaboration der ukrainischen Nationalisten mit der deutschen Wehrmacht und SS im zweiten Weltkrieg und die Verherrlichung gerade dieser Mordgehilfen durch die jetzigen Kiewer Regierungsparteien.
All das war nicht nur ungeheuer spannend und lehrreich, es war auch präzise, differenziert, bestens belegt und begründet. Viele Fragen wurden gestellt, auf die Reinhard Lauterbach dezidiert und ausführlich antwortete. Nach Veranstaltungsschluss wurde noch lange weiter diskutiert.
Sehr geehrter Herr Lauterbach,
Dank und Anerkennung für Ihr Buch “Bürgerkrieg in der Ukraine. Endlich habe ich es bekommen. Möge es weiter Verbreitung finden. Ich bekomme keine Antwort von der Regierung oder von Abgeordneten: Was haben wir in de Ukraine zu suchen? Wie kommen wir vom Wirtschaftskrieg wieder herunter ohne, dass jemand das Gesicht verliert? Es gäbe noch weitere Fragen, warum wir die Ukraine unterstützen, damit sie aufrüsten und noch mehr kaputt machen kann, was wir dann wieder aufbauen.
Zu Bandera: Ich war in den 60er Jahren Kaplan in der Au und die Zeppelinstraße (Geburtshaus von Karl Valentin) gehörte zu unserer Pfarrei.
Ich ahnte nichts von den Bandereleuten. Einmal wurde bekannt, dass sie eine Reihe Gräber neben einander angekauft haben, weil sie mit ihrer Ermordung rechneten.
Dann berichtete ein Ministrant, der in dem Haus wohnte, dass immer einer vor dem Haus Wache hielte. Und einmal kam ein Beerdigungsinstitut mit Sarg und man ging durch das ganze Haus, läutete an allen Wohnung auf der Suche nach einer Leiche. Es war von jemand unauffindbarem eine Beerdigung bestellt worden. Da merkte ich etwas vom KGB-Terror in unserer nächsten Nähe.
Noch einmal herzlichen Dank
Alois Fuchs